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Griechische Weine

Die besten Weine des Jahres 2022

Das Jahr 2022 neigt sich dem Ende zu und da wir letztes Jahr schon den zu dieser Zeit beliebten Beitrags-Typ der Feiertags-Empfehlungen abgearbeitet haben, soll es dieses Jahr einen kleinen Jahresrückblick geben auf die besten Weine, die ich im Glas hatte ... sowohl aus Griechenland als auch aus anderen Ländern. Diese obligatorischen Jahresrückblicke haben natürlich das Problem, dass sie meist kurz vor den Feiertagen geschrieben werden - unter Umständen also ein paar Highlights auslassen, die noch bevorstehen. Trotzdem macht ein solcher Beitrag denke ich Sinn, gerade weil es spannend ist, zu sehen, in welchen Kategorien die Weine aus Griechenland auch im Hinblick auf die internationale Konkurrenz (die aufgrund meiner Vorlieben überwiegend aus Frankreich kommt) für mich persönlich die Nase vorne hatten.


Schaumweine

Wir beginnen mit Schaumweinen. Schon, weil damit auch das Jahr 2022 begann. Und zwar für uns tatsächlich griechisch. Der Prelude 2019 von Milia Riza bringt es auch auf immerhin 90 Punkte, die für den ersten Wein des Gutes aller Ehren wert sind. (Für diesen Artikel sind unsere Bewertungen des bisher zugrunde gelegten 20er-Systems ins 100er-System umgerechnet, weil wir damit auch im neuen Jahr weitermachen werden; gerade bei größeren Verkostungen erlaubt es schlicht eine zufriedenstellendere Differenzierung.)


Allerdings gab es kurz darauf im Januar, zu meinem Geburtstag, bereits einen Dom Perignon 1990. Und der war mit 96 Punkten dann doch nochmal eine Kategorie für sich und auch im weiteren Verlauf des Jahres nicht mehr zu schlagen... dieser Punkt geht also eindeutig an die internationale Konkurrenz. Aber wer weiß, was 2023 bringt...

Weißwein

Kommen wir zu (stillem) Weißwein. Der Löwenanteil der dieses Jahr von uns verkosteten griechischen Weine ist tatsächlich dieser Kategorie zuzuordnen. Das ist vor allem der Tatsache zu verdanken, dass der Sommer 2022 nicht so verregnet war wie 2021! Wir hatten größere Proben etwa zu den autochthonen griechischen Weißweinrebsorten Assyrtiko, Malagousia und (der rotschaligen Rebsorte) Moschofilero. Dazu kamen etliche Verkostungen zu Cuvées (z.B. hier und hier) oder internationalen Rebsorten (z.B. Chardonnay und Sauvignon Blanc). Auffällig waren aber weniger die absoluten Überflieger-Weine, sondern mehr die sehr konstante Qualität in manchen Bereichen, gerade etwa bei den Moschofilero-Weinen, wo sich eine ganze Menge Reihe um die 90 Punkte versammelte. Zugleich traten einige offensichtliche Kandidaten für die vorderen Plätze (etwa der Malagousia 2021 vom Ktima Gerovassiliou) recht bescheiden auf, weil die Winzer ganz schön mit den Hitzewellen im Vorjahr zu kämpfen hatten...


Beinahe den Spitzenplatz in dieser Kategorie hätte ein griechischer Wein ergattert, den wir letztes Jahr bereits verkostet und mit 94 Punkten bedacht hatten: der weiße Plagios 2020 vom Ktima Biblia Chora. Der zeigte sich bei einem Geburtstagsfest im August in mindestens ebenso guter Form und ließ die gar nicht schwache internationale Konkurrenz (aus Frankreich war der Chablis Montserre 2018 vom Château de Béru mit am Start, aus Deutschland der Chardonnay Réserve 2019 vom Weingut Bischel und der Chardonnay 2020 vom Weingut Saalwächter) nach einhelliger Meinung der Gäste hinter sich. Gerade in diesem internationalen Vergleich auf hohem Niveau zeigte sich auch nochmal, dass wir den Plagios zurecht höher als den ebenfalls bekannten griechischen Chardonnay vom Alpha Estate (den Chardonnay Tramonto) bewertet hatten. Unsere Verkostungsnotiz bezieht sich auf den Jahrgang 2018, aber auch der Jahrgang 2020, den wir diesmal öffneten, hatte deutlich mehr Mühe in dieser gehobenen Liga. Die Ehre eines Fotos gibt es nur für den Siegerwein der jeweiligen Kategorie, aber weil es so schön war und wir weder auf Instagram noch hier auf dem Blog darüber berichtet hatten, gibt es hier zumindest einen Link zu einer Aufnahme dieser schönen Zusammenstellung.


Letztlich macht das Rennen dann aber doch, passend zu dem Schwerpunkt auf griechische Weißweinrebsorten aus diesem Verkostungszyklus, der weiße Areti 2019 (ein reinsortiger Assyrtiko aus dem Norden Griechenlands) vom Ktima Biblia Chora mit 95 Punkten.


Rotweine

Die oft stiefmütterlich behandelten Roséweine überspringen leider auch wir. Denn die beste Bewertung ging hier lediglich auf 93 Punkte - und betrifft noch dazu die rotschalige Rebsorte Moschofilero, nach deutschem Weinrecht also eigentlich ein Weißwein.


Was Rotweine angeht, hatte gerade das Bordeaux in diesem Jahr eine durchaus beachtliche Vertreter ins Rennen zu schicken. Das ging im Januar zu meinem Geburtstag bereits mit Château Grand-Puy-Lacoste 1990 und Château Rauzan-Segla 1990 gut los. Ersterer brachte es auf zugegebenermaßen etwas enttäuschende 93 Punkte. Da hatte ich mir mehr erhofft. Wir hatten aber wohl etwas Flaschenpech, wobei ich auch an anderen Stellen bereits gelesen, dass dieser legendäre Wein langsam wohl den Abwärtstrend antritt. Ich hoffe, ich bekomme ihn nochmal in voller Blüte ins Glas. Der Wein aus der Region Margaux strotzte demgegenüber nur so vor Kraft und hat mit momentan 94 Punkten noch deutlich Potenzial nach oben...


Erstklassig ging es dann bei einer Probe weiter, bei der (zum Geburtstag meiner Eltern) die Jahrgänge 1953 und 1957 im Zentrum standen. Der Füllstand des Château Latour 1957 machte nicht allzu große Hoffnungen, doch sämtliche Befürchtungen stellten sich als unbegründet heraus. Die Flasche brachte dem Wein, für den Jahrgang beachtliche, 92 Punkte ein. Allerdings wurde er in den Schatten gestellt von einem Wein vom rechten Ufer, den ich etwas dreist als „Fast-Pétrus“ angekündigt hatte. Das Besondere am Château Gazin 1953 (hier in einer hervorragenden Abfüllung von Reidemeister & Ulrichs) ist nämlich, dass das Weingut 1970 gezwungen war, einige seiner besten Weinflächen an die Nachbarn vom Château Pétrus zu verkaufen. Wer heute den berühmten Pétrus trinkt, hat also Wein von Rebflächen im Glas, die ca. zur Hälfte damals noch zu Gazin gehörten! Zumindest also das (heutige) Terrain von Pétrus hatten wir mit im Glas. Mag sein, dass diese Realisierung unsere Objektivität etwas beeinträchtigte. Aber selbst mit etwas gezügeltem Enthusiasmus brachte es der Wein doch recht locker auf 94 Punkte.


Das war nun aber noch nicht die Spitze der Dekadenz, mit welcher das Bordeaux dieses Jahr gegenüber den griechischen Herausforderern vorlegen durfte. Unverhofft hatten wir die Gelegenheit, eine weitere besondere Flasche vom rechten Ufer zu öffnen, diesmal nicht aus Pomerol, sondern aus Saint-Émilion, nämlich den Château Ausone 1948. Das heißt: Das mit dem „Öffnen“ ist, um ehrlich zu sein, so eine Sache. Der Wein wurde nämlich im Internet mit der Bemerkung angeboten, dass der Korken erst kürzlich in die Flasche gefallen sei. Entsprechend erschwinglicher war der Wein und ich schlug zu, da ich erst kürzlich gelesen hatte, dass es zu dieser Zeit tatsächlich sogar vorkam, dass der Korken vollkommen vergessen wurde und die Kapsel alleine den Wein teilweise bis heute zufriedenstellend konservierte. Tatsächlich überlebte die Flasche auch den Transport bei Sommerhitze und ermöglichte uns ein ganz besonderes Weinerlebnis (das hier mit einem Foto verewigt ist). Oxidiert war der Wein in der Tat noch nicht. Nur kam in einem zweiten Nachhall leider ein sehr unangenehmer Weinfehler durch, den wir nicht klar zuordnen konnten, der aber von seinem Kohl-Eindruck stark an einen Böckser erinnerte. Immerhin: Die auch von anderen beobachteten eindrucksvollen Bitternoten konnten auch wir bestätigen. Ein auf jeden Fall sehr eindrückliches Erlebnis!


Wie schlagen sich die Bordeaux-Imitate aus Griechenland? Erstaunlich gut! Den Economou 2012 von der Domaine Economou (60% Cabernet Sauvignon, 40% Merlot) gab es mal außer der Reihe zum Abendessen, hätte es aber gut (zumindest am ersten Tag) auf 95 Punkte gebracht.


Und der reinsortige Merlot Lacules Estate 2018/2019 ließ den zum Vergleich angeschafften Château Bellevue 2019 aus Saint-Émilion geradezu als dünnes Wässerchen erscheinen. Auch der Etos 2006 (reinsortiger Merlot) vom Ktima Biblia Chora (den man nur noch schwer auf dem Sekundärmarkt bekommen kann) beeindruckte in dieser Probe sehr. Die Verkostungsnotiz dazu folgt aber erst noch, diese Weine seien hier also zwar erwähnt, kämpfen aber noch nicht mit um den ersten Preis, auch wenn sie für die im nächsten Jahr anstehenden Verkostungsnotizen die Latte bereits sehr hoch legen.


Fairerweise sollte man hier wohl auch ergänzen, dass die griechischen Rotweine nicht ausnahmslos die Erwartungen erfüllten. Im Hinblick auf die andere im Bordeaux dominierende Rotweinrebsorte, Cabernet Sauvignon, brillierte der legendäre Trilogia 2012 von Christos Kokkalis nicht wie erhofft. Allerdings konnten wir auf dem griechischen Sekundärmarkt noch einige Flaschen vom Etos 2008 (reinsortiger Cabernet Sauvignon) vom Ktima Biblia Chora besorgen, was sich wiederum als sehr gut für die Cabernet-Sauvignon-Probe herausstellte, denn der Wein brillierte noch mehr als sein Pendant aus dem Jahr 2006 (der Merlot) und brachte es auf 95 Punkte.


Trotz dieser bereits beachtlichen Eindrücke machen das Rennen letztlich zwei Cuvées aus 90% Cabernet Sauvignon und 10% Merlot, nämlich das französisch-griechische Doppelgespann Château Ducru-Beaucaillou 2017 und Ktima Kokotos 2017, die uns in einer Blindprobe gleichermaßen begeisterten und es beide schon jetzt auf 96 Punkte bringen.


Dessertweine

Bleiben noch die Dessertweine zum süßen Abschluss dieses Artikels. Auch da darf sich das internationale Team nicht über Benachteiligung beklagen. Denn wieder einmal bot mein Geburtstag im Januar die Gelegenheit, mit erstklassigem Gewächs Eindruck zu schinden. Château La Tour Blanche 1990 brachte es allerdings nur auf zwar hervorragende aber eben letztlich doch nicht umwerfende 92 Punkte.


Doch es sollte für Sauternes/Barsac im Laufe des Jahres noch besser werden. Zu Latour 1957 und dem Fast-Petrus 1953 gab es zum Dessert nämlich noch einen Château Coutet 1957. Nun sind die Voraussetzungen für einen Treffer ins Schwarze für einen solchen Süßwein in jenem Jahr bestenfalls durchmischt. Manche betonen, dass für Sauternes der Frühjahrsfrost verheerend war. Andere geben zumindest zu bedenken, dass der insgesamt dem Jahrgang im Bordeaux abträgliche heiße Oktober hier immerhin nicht ganz so schädlich wirkte. Wie dem auch sei, wir hatten wohl sehr großes Flaschenglück und einen Wein von unbestreitbar 96 Punkten im Glas.

Die letzte Kategorie geht aber nicht ungeteilt nach Frankreich. Denn der Ktima Montofoli 2013 vermochte es, uns in gleichem Maße zu begeistern.


Fazit und Ausblick

Es zeigt sich unter dem Strich also ein recht ausgeglichenes Bild, selbst wenn man einen gewissen Verzerrungseffekt aufgrund des schon quantitativen Vorteils griechischer Weine geltend machen möchte und darauf verweist, dass mein Interesse an gereiften französischen Weinen öfter mal zu einer Auswahl führt, bei welcher die Geschichte, das bloße Überlebthaben, im Vordergrund steht und die Punkevergabe geringer ausfällt als dies bei aktuelleren (oder legendäreren gereiften) Jahrgängen der Fall wäre. Und es soll auch ganz klar zugegeben werden: Griechenland kann freilich nicht mithalten, wenn es um die Faszination lange gereifter Weine aus Gütern mit jahrhundertealter Tradition geht. Ein Vorsatz für das Jahr 2023 ist, in dieser Aussicht zumindest das natürlich geringere Potenzial zumindest voll auszuschöpfen und mehr gereifte griechische Weine zu besorgen (wer welche hat, darf sich gerne melden!) und auf die Probe zu stellen. Zumindest der Cava Clauss 1982 von Achaia Clauss hatte uns mit seinen 93 Punkten dieses Jahr sehr positiv überrascht und macht in dieser Hinsicht Hoffnung. Zugleich, und für die meisten Normalverbraucher vermutlich wichtiger, zeigt sich aber auch in diesem Jahresrückblick bereits, dass Griechenland durchaus etwas zu bieten hat, wenn es darum geht, auf höchstem internationalen Niveau wettbewerbsfähige Weine zu finden - die preislich oft sehr erschwinglich sind, da sie von Weintrinkern im Rest der Welt noch wenig zur Kenntnis genommen werden. In diesem Sinne hoffe ich, für das Jahr 2023 mit diesem Artikel ein wenig Lust auf den einen oder anderen Wein aus Griechenland und den einen oder anderen Beitrag auf unserem Instagram-Profil oder hier auf dem Blog gemacht zu haben.













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