Für das Jahr 2024 hatten wir uns eine systematische Erkundung des Xinomavro vorgenommen, einer der edelsten Rebsorten Griechenlands. Im Laufe des Jahres haben wir daher zahlreiche Flaschen aus verschiedenen Regionen, Stilrichtungen und Jahrgängen geöffnet, um die verschiedenen Terroirs im Vergleich noch besser kennen zu lernen. Denn bei solch konzentrierten Verkostungen lernt man doch oft mehr, als wenn man sporadisch die eine oder andere Flasche öffnet. Wir beginnen unsere Reise in der PDO Naoussa, setzen sie in der PDO Amyndeo fort und erkunden dann weitere Regionen und Stile, einschließlich einiger überraschender Entdeckungen - sogar von außerhalb Griechenlands!
PDO Naoussa: Die klassische Heimat des Xinomavro
Naoussa, an den Hängen des Vermio-Gebirges in Makedonien gelegen, gilt seit jeher als Heimat des Xinomavro. Die Kombination aus Höhenlage, Klima und Böden schafft ideale Bedingungen für diese anspruchsvolle Rebsorte und bringt Weine hervor, die für ihre Struktur, Komplexität und vor allem für ihre bemerkenswerte Reifefähigkeit bekannt sind.
Unsere Erkundung beginnt mit jüngeren Jahrgängen. Der 2021er Earth and Sky von Apostolos Thymiopoulos (der oben nicht abgebildet ist, den wir dieses Jahr aber an zwei anderen Tagen hatten) bietet eine großartige Interpretation dessen, was Naoussa liefern kann - ein saftiger Wein mit einem fesselnden langen Abgang. 91 Punkte.
Beim Jahrgang 2019 begegneten wir gemischten Ergebnissen. Der Ramnista von Kir-Yianni zeigte trotz korrekter Lagerung eine überraschende Alterung. Sahne und dunklen Kirschen in der Nase zeugen von malolaktischer Gärung und sind gar nicht schlecht. Dann enttäuscht aber im Abgang der schnell verblassende Geschmack. Nur 88 Punkte. Eine Konterflasche wäre hier gut gewesen!
Ironischerweise: Die Cuvée Village aus demselben Jahrgang erwies sich als weitaus überzeugender. Zur buttrig-fruchtigen Nase kommt hier ein runder, geschmeidiger Eindruck am Gaumen mit viel Pflaumennoten. Während auch hier der Abgang etwas kurz ausfiel, ist der Wein zweifellos sehr gut zu trinken. 90 Punkte.
Erwartungsgemäß weniger beeindruckend war Cavinos einfacher Naoussa, der zwar typische Sortenaromen zeigte und größere Fehler vermied, aber keine Begeisterung weckte. 84 Punkte. Immerhin einer der besseren griechischen LIDL-Weine.
Der 2018er Ramnista war leider leicht korkbehaftet und zeigte Obertöne von faulen Tomaten. Der Ramnista ist sonst ein sehr zuverlässiger Wein. Aber diesmal hatten wir wohl wirklich einiges Pech, was Jahrgänge und Flaschenvariation anging. Immerhin: die perfekte Balance zwischen Tanninen und Süße konnten wir wahrnehmen. 90 Punkte.
Sein jüngerer Bruder aus 2017 präsentierte ein runderes Profil mit Anklängen von Rosinen in der Nase, auch wenn ihm etwas Komplexität fehlte. 90 Punkte. Nicht schlecht ... aber trotzdem zu wenig für den Namen und den Jahrgang. Und an einem Flaschenfehler kann es hier wirklich nicht gelegen haben.
Apropos 2017, hier müssen wir innehalten, um einen Wein zu besprechen, der besondere Aufmerksamkeit verdient, auch wenn wir ihn zu einem anderen Anlass verkostet haben: der Vrana Petra von Thymiopoulos.
Um es kurz zu machen: Dieser Wein ist der beste griechische Rotwein, den wir je verkostet haben. Er liegt noch vor dem Antigone 2004 von Economou (mal schauen, was Antigone 1999 bringt, wenn er denn endlich auf den Markt kommt). Von dem Moment an, in dem er eingeschenkt wird, erfüllt er den Raum mit intensiven Aromen. Die geschliffenen Tannine und der endlose Abgang schaffen ein Erlebnis, das über das hinausgeht, was wir typischerweise von Xinomavro erwarten. Während wir den Earth and Sky desselben Erzeugers sehr schätzen, ist dies einfach eine andere Klasse. 99+ Punkte. Der Abstand zu den nächstbesten PDO Naoussa-Weinen in dieser Verkostung war doch leider sehr groß. Beim nächsten Mal müssen wir versuchen, diese Lücke gezielt zu füllen ...
In unserer chronologischen Reise zeigt der 2016er Merhali von Kelesidi vielversprechende Ansätze mit einer ansprechenden Nase, doch dominierten letztlich die aggressiven Tannine und Alkoholwärme. 86 Punkte.
Tsantalis 2015er Reserve, drei Jahre in kleinen Barriques gereift, bot buttrige und Mokka-Noten in der Nase, enttäuschte aber mit einem dünnen Gaumen und flüchtigem Abgang. 85 Punkte.
Ein Abwärtstrend? Wann kommt endlich die besungene Reifefähigkeit zum Zug? Leider noch nicht mit dem 2006er Ramnista. Die Tannine waren wunderbar fein. Aber er hatte schlicht schon zu viel Primärfrucht verloren hatte. Wieder kein Glück mit Ramnista! Es war wie verhext. Sehr enttäuschende 86 Punkte.
Vor diesem Hintergrund erwies sich der 1992er Tsantali Reserve dann als überraschende Offenbarung. Seine malzige Nase führte zu einem überraschend frischen
Gaumen mit perfekt erhaltenen Tanninen, die das Alterungspotenzial des Xinomavro demonstrieren. 92 Punkte.
Auch der 1988er von der Naoussa Winzergenossenschaft zeigte sich gut, mit lebendiger Säure und Anklängen von Himbeere und dunklen Beeren, wenn auch deutlich über seinem Höhepunkt. 85 Punkte.
Die Hoffnung war daher da, dass es mit dem 1987er Boutari Grand Reserve wieder in höhere Punkte-Lagen gehen könnte. Doch leider litt er unter Korkproblemen, obwohl die Nase noch klare getrocknete Fruchtaromen bot, bevor er am Gaumen enttäuschte. 84 Punkte - und das Ende einer interessanten, aber selten von Genuss geprägten Verkostung.
PDO Amyndeo: Xinomavros Höhenausdruck
PDO Amyndeo nimmt eine Sonderstellung unter den griechischen Weinregionen ein, als einzige PDO, in der Xinomavro nicht nur als Rotwein, sondern auch als Rosé und Schaumwein zugelassen ist. Die Hochlagen-Weinberge in rund 600 Metern Höhe, kombiniert mit dem kühlenden Einfluss von vier umliegenden Seen, schaffen ideale Bedingungen für frischere, elegantere Interpretationen des Xinomavro.
Schaumweine und Rosés
Wir beginnen mit Kir-Yiannis Akakies Sparkling 2023, der sofort mit seiner schönen Farbe und wunderbaren Erdbeeraromen beeindruckt.
Der erste Schluck offenbart ein spannendes Wechselspiel von Bitternoten und prägnanter Säure. Zu einem Preis unter 15 Euro bietet er ein außergewöhnliches Preis-Leistungs-Verhältnis. 88 Punkte.
Die stillen Roséweine zeigen die große Vielfalt, die in dieser Kategorie möglich ist.
Der 2023er L'Esprit du Lac von Kir-Yianni, aus alten Reben gekeltert, erwies sich als einer der herausragenden Roséweine des Jahres. Er besticht mit lebhaften Fliederaromen und intensiven Erdbeernoten am Gaumen, während seine Textur kristallklare Säure mit kreidigen Tanninen und genau der richtigen Süße verbindet. Der lange Abgang vollendet ein beeindruckendes Gesamtpaket. 91+ Punkte. Der Jahrgang 2021 erwies sich als noch überzeugender und zeigte eine perfekte Entwicklung mit gesteigerter Aromatik und Komplexität. 93 Punkte. Einmal mehr bestätigt das unser Mantra: hochwertige Rosé- und Weißweine werden in der griechischen Gastronomie viel zu früh geöffnet.
Aber das gilt natürlich nicht uneingeschränkt. Der stille Akakies 2021 von Kir-Yianni demonstriert, wie sich Xinomavro-Rosé entwickelt, wobei die zwei Jahre Reife in seiner Nase von überreifen Erdbeeren mit Tendenz zu Pilznoten erkennbar sind. Denoch: Er dient als exzellente Einführung in den extrahierteren Stil des Xinomavro-Rosé. 87 Punkte.
Alpha Estates Single Vineyard Hedgehog Rosé bietet einen interessanten Vertikalvergleich.
Sowohl der Jahrgang 2021 als auch 2020 zeigen ihr Alter, besonders in der Nase, während sie geschmeidige Gaumenprofile bewahren. Der 2020er Jahrgang erreicht eine größere Vollständigkeit (90 Punkte) im Vergleich zu seinem jüngeren Geschwister (88 Punkte). Schade, dass wir den 2021er nicht mehr im Keller hatten.
Rotweine
Bei den Rotweinen präsentiert der Jahrgang 2019 gemischte Erfahrungen.
Die Einstiegs-Reserve der Amyndaion Winery zeigt zwar typische Sortenaromen in der Nase, enttäuscht aber am Gaumen. 81 Punkte. Da wie gesagt bei LIDL lieber nach dem PDO Naoussa-Wein greifen.
Kir-Yiannis Kali Riza aus demselben Jahr brauchte Zeit zum Öffnen, machte aber letztlich einen guten Eindruck, auch wenn man von diesem Jahrgang mehr hätte erwarten können. 89 Punkte. So richtig warm schienen wir dieses Jahr also nicht nur mit dem Ramnista nicht zu werden, sondern mit den Rotweinen des Weingutes insgesamt ... aber wir sind ja noch nicht ganz fertig!
Die überzeugenderen Rotweine stammen aus Alpha Estates Jahrgang 2017. Der Hedgehog, 12 Monate in französischen Eichenfässern und anschließend 12 Monate in der Flasche gereift, hat sein perfektes Trinkfenster erreicht. Er bietet eine komplexe Palette von Brombeere, Rauch und Kräuternoten. 93 Punkte.
Sein großer Bruder, der legendäre Barba Yannis Reserve (24 Monate in neuer französischer Allier-Jupille-Eiche gereift), erreicht zwar nicht ganz das Niveau einiger früherer Jahrgänge, beeindruckt aber dennoch mit seiner Dichte, Salzigkeit und reichhaltigen Himbeernoten. Er behält denselben Charakter wie bei der ersten Verkostung, was auf ein bedeutendes Alterungspotenzial hindeutet. Aber man muss auch ganz ehrlich sein: der Einstiegswein ist weitaus weniger sperrig und liefert momentan den größeren Genuss. 90+ Punkte.
Sortenreine Xinomavro-Rotweine jenseits der PDOs: Überraschende Entdeckungen
Nach der Erkundung von Naoussa und Amyndeo, den beiden für sortenreinen Xinomavro berühmten PDOs, nimmt unsere Reise eine spannende Wendung. Wir entdecken, wie sich diese edle Rebsorte außerhalb ihrer traditionellen Heimat verhält – sogar jenseits der griechischen Grenzen. Was diese Weine besonders interessant macht, ist ihre Freiheit von PDO-Regularien, die es den Winzern erlaubt, Xinomavro durch ihre eigene Linse zu interpretieren. Einige dieser Interpretationen erwiesen sich als bemerkenswert erfolgreich und übertrafen sogar bestimmte PDO-Weine, während andere die Herausforderungen im Umgang mit dieser anspruchsvollen Rebsorte offenbarten. Wir erkunden diese Weine chronologisch, vom jüngsten zum ältesten, um zu verstehen, wie verschiedene Terroirs und Weinbereitungsansätze den Charakter des Xinomavro prägen.
Unsere Reise beginnt überraschenderweise in der Türkei. Der 2021er Xinomavro von Chamlija im Strandscha-Gebirge weckte sofort unsere Neugier. Hergestellt mittels offener Maischegärung und 10 Monate in französischen Eichenfässern ausgebaut, fordert dieser Wein Vorurteile heraus. Während wir zunächst erwarteten, dass er den Stil der kühlklimatischen Amyndeo-Weine spiegeln würde, teilt er tatsächlich mehr Gemeinsamkeiten mit dem Naturwein-Ansatz aus Drama (siehe dazu den Wein von Oenops gleich im nächsten Absatz). Seine moderaten 11% Alkohol ergänzen ein leichtes, frisches Profil, geprägt von lebhaften roten Johannisbeeraromen. Eine charmante Interpretation der Rebsorte. 91 Punkte.
Bleiben wir bei 2021, begegnen wir Oenops' XinomavRaw, der die spannende Naturweinbewegung in Griechenland exemplarisch verkörpert. Spontan vergoren und in eiförmigen Amphoren ohne Zusatz von Schwefel ausgebaut, bietet dieser unfiltrierte Wein eine wunderbar frische Nase, die grünen Apfel und rote Erdbeere vereint. Während er sich am zweiten Tag nicht gut hält, macht seine helle, energiegeladene Charakteristik dies kaum zum Problem – die Flasche leert sich schnell. 93 Punkte.
Der 2019er Kamara Hill von Patistis (PGI Magnesia) demonstriert, wie alte Reben, Spontanvergärung und gemischter Ausbau in Eiche und Amphore außergewöhnliche Ergebnisse erzielen können. Optisch zwar nicht gerade eine Augenweide, entschädigt er mit markanten Salbeiaromen und bemerkenswert ausbalancierten kraftvollen Tanninen. Die Textur erreicht eine seltene Kombination aus Körnigkeit und Eleganz mit langem, reinem Abgang. Ein weiterer Triumph für amphoren-gereiften Xinomavro. 93 Punkte.
Zum Jahrgang 2018: Der Valos von Ktima Katsarou (PGI Thessalia) beweist, dass selbst etablierte Erzeuger mit Xinomavro kämpfen können. Trotz der bekannten Bordeaux-Verschnitte und außergewöhnlichen Chardonnays des Weinguts enttäuscht ihr Xinomavro mit störenden Stallnoten und überwältigender Bitterkeit. 84 Punkte.
Der 2017er Xinomavro von Diofili (PGI Siatista) zeigt das Potenzial 70-jähriger Reben mit interessanten Marzipannoten. Allerdings verhindert die Dünnheit am Gaumen einen bleibenden Eindruck. 87 Punkte.
Aidarinis 2016er SI-LA-VIE (PGI Slopes of Paiko) stellt einen interessanten Fall dar – ein Wein, der für PDO Goumenissa qualifiziert wäre, enthielte er die erforderliche Negoska-Traube. (Zu solchen Weinen des Weinguts siehe unten.) Nach 24 Monaten Eichenausbau zeigt er reife Charakteristika von geräuchertem Paprikapulver und dunkler Schokolade, mit einer kuriosen metallischen Note im Abgang. Die Temperaturempfindlichkeit macht den richtigen Ausschank entscheidend für die Bewahrung seines Xinomavro-Charakters. Wärmer wirkt er wie ein mittelmäßiger Merlot. 88 Punkte.
Unsere Erkundung schließt mit dem 2015er Xinomavro von Karadimos (PGI Opountias). Farblich zeigt er sein Alter schon sehr deutlich mit braunen Tönen. Doch die Nase von Tomate und getrockneten Rosinen führt zu kraftvollen Tanninen und mit kräutiger und würziger Intensität. Ein komplexer Wein, der besonders jene ansprechen wird, die Xinomavros rustikalere Seite schätzen. 91 Punkte.
Xinomavro in Rotweincuvées: PDO Goumenissa
Unsere Xinomavro-Reise führt uns nun in den Bereich der Cuvées, beginnend mit PDO Goumenissa. Diese Appellation präsentiert einen faszinierenden Ansatz für Xinomavro, der die Verschnittpartnerschaft mit der lokalen Negoska-Rebsorte vorschreibt. Per Gesetz muss Xinomavro mindestens 70% der Cuvée ausmachen, den Rest stellt Negoska. Diese Partnerschaft bringt oft Weine von besonderer Eleganz hervor, wobei Negoskas weicherer Charakter hilft, Xinomavros kraftvolle Tannine zu zähmen. (So heißt es zumindest, die wenigen puren Negoskas, die ich bisher hatte, lassen mich diese Behauptung immer recht verwirrt lesen.)
Beginnend mit den jüngsten Jahrgängen erweist sich 2019 als spannendes Jahr für Goumenissa, mit zwei herausragenden Abfüllungen. Kir-Yiannis Single Vineyard Bidabla, eine 80-20-Cuvée aus Xinomavro und Negoska, zählt zu den elegantesten Goumenissa-Weinen, denen wir begegnet sind. Die Textur ist superb, mit komplexen Tanninen und einem fesselnden Wechselspiel zwischen Tomaten- und Veilchenaromen. Während der erste Schluck Weltklasse-Potenzial suggeriert, hält er dieses Niveau nicht ganz durch. Dazu fehlt im Mittelteil dann doch zu viel. Dennoch ist er für einen Wein, dessen erster Jahrgang erst 2017 produziert wurde, bemerkenswert beeindruckend. Beachtenswerterweise bevorzugten wir ihn gegenüber sowohl dem berühmten Ramnista als auch dem soliden Cuvée Village aus PDO Naoussa desselben Jahrgangs. 93 Punkte.
Der andere 2019er Höhepunkt stammt von Mikro Ktima (Titos), einem Satelliten-Weingut von Ktima Biblia Chora. Mit demselben 80-20-Verschnittverhältnis wird ihr Wein einer Co-Fermentation unterzogen, gefolgt von der Reifung in einer Kombination aus gebrauchten 500-Liter-Slavonischen Eichenfässern und Barriques. Er besticht durch seine intensive Konzentration von säuerlicher Kirsche in Nase und Gaumen, ergänzt durch subtile Pimentnoten. Interessanterweise zeigt er wenige typische Xinomavro-Charakteristika – in einer Blindverkostung könnte man ihn für einen internationalen Wein halten. Während die Säure brilliert und der mittellange Abgang Potenzial andeutet, braucht dieser Wein wahrscheinlich mehr Zeit, um seine volle Komplexität zu offenbaren. 92+ Punkte.
Weiter zurück in die Vergangenheit, im Jahrgang 2018, finden wir Aidarinis reguläre Goumenissa-Abfüllung mit einer 70-30-Aufteilung zwischen Xinomavro und Negoska. Sie bietet eine rustikale, aber saftige Expression der Appellation. Trotz kräftiger Tannine und spürbarem Alkohol schaffen es attraktive Erdbeernoten, durchzuscheinen. Der Wein dient als solide Einführung in die PDO Goumenissa. 90 Punkte.
Unsere Erkundung schließt mit Aidarinis 2012er Single Vineyard-Abfüllung, die Einblicke in die Reifung dieser Weine gewährt. Während sie in Farbe und Nase deutliche Reifeanzeichen zeigt, behält sie ein kräutiges, etwas strenges Profil bei. Die Tannine und Säure bieten noch immer guten Grip am Gaumen. Allerdings ist viel von der Primärfrucht verblasst – was allerdings der suboptimalen Lagerung zugeschrieben werden könnte, da diese Flasche ein kürzlich erhaltenes Geschenk war. 87 Punkte.
Xinomavro in Rotweincuvées: PDO Rapsani
Unsere Erkundung der Xinomavro-Verschnitte setzt sich mit PDO Rapsani fort, wo die Rebsorte an einer der markantesten traditionellen Cuvées Griechenlands teilnimmt. Hier, an den Hängen des Olymp, verbindet sich Xinomavro mit zwei lokalen Rebsorten, Krassato und Stavroto, zu Weinen, die sich ihr eigenes Kapitel in der griechischen Weingeschichte verdient haben.
Für dieses Segment konzentrieren wir uns auf Weine von Tsantali, einem Erzeuger, der seit Jahrzehnten praktisch synonym mit PDO Rapsani ist. Denn leider hatten wir sonst nichts mehr im Keller. Aber immerhin gab uns dies die Gelegenheit, drei Jahrgänge zu verkosten, die mehr als ein Jahrzehnt umspannen, was Einblicke in die Entwicklung dieser einzigartigen Verschnitte gewährt - sowie die signifikanten Unterschiede zwischen den regulären, Reserve- und Grand-Reserve-Abfüllungen des Weinguts aufzeigt.
Unsere Vertikalverkostung beginnt mit der 2013er Standardabfüllung, obwohl sie das vielleicht nicht hätte tun sollen. Von eBay erworben – immer ein Risiko bei Wein – erwies sich diese Flasche als Mahnmal für Lagerungsbedingungen. Während Korken und Farbe intakt erschienen, war der Wein selbst stark fehlerhaft. Die Nase offenbarte ausgeprägte Schimmelnoten, gefolgt von einem unausgewogenen Gaumen mit verstreuten, unverbundenen Aromen. Ein brennender Abgang besiegelte sein unglückliches Schicksal. 75 Punkte.
Glücklicherweise verbessert sich die Geschichte dramatisch mit dem 2012er Grand Reserve (Idika Epilegmenos). Dieser Wein durchläuft einen verlängerten Ausbau: 18 Monate in Fässern, gefolgt von weiteren 18 Monaten in der Flasche vor der Freigabe. Das Ergebnis ist eine völlig andere Erfahrung als der jüngere Wein. Er explodiert mit dunklen Beerenfrüchten im Glas, unterlegt mit rauchiger Komplexität. Während einige die Aromen als zu konstruiert empfinden könnten, ist die beeindruckende Frische des Weines angesichts seines Alters unbestreitbar. Er ist zweifellos einer der besseren griechischen Weine des Jahrgangs 2012, die noch im Markt verfügbar sind. 91 Punkte.
Unsere Zeitreise kulminiert im 2000er "Mount Olymp" Reserve. Trotz seines fortgeschrittenen Alters und kürzeren Fassausbaus im Vergleich zum Grand Reserve demonstriert dieser Wein bemerkenswerte Vitalität. Obwohl er einen etwas niedrigeren Alkoholgehalt aufweist (13% gegenüber 13,5%), teilt er überraschende aromatische Ähnlichkeiten mit dem 2012er Grand Reserve. Die tertiären Aromen, die sich über seine zwei Jahrzehnte des Lebens entwickelt haben, sind wunderschön in das Gewebe des Weins integriert. Während er seinen Höhepunkt erreicht hat und nicht länger aufgespart werden sollte, bleibt er bemerkenswert kräftig und gut strukturiert. Leider können wir nur spekulieren, wie sich der Grand Reserve dieses Jahrgangs im Vergleich zeigen würde. 90 Punkte.
Xinomavro in Rotweincuvées: Jenseits der PDO-Regularien
Nach der Erkundung von Xinomavro in seinen traditionellen PDO-Ausdrucksformen betreten wir nun vielleicht das spannendste Terrain: innovative Verschnitte von Erzeugern, die nicht durch PDO-Regularien eingeschränkt sind. Diese Weine offenbaren sowohl Xinomavros Vielseitigkeit als auch die Kreativität moderner griechischer Winzer. Wir erkunden diese Weine in absteigender Reihenfolge des Xinomavro-Anteils und entdecken, wie verschiedene Verschnittpartner und Proportionen den finalen Wein beeinflussen.
Verschnitte mit hohem Xinomavro-Anteil
Die Reise beginnt mit Kir-Yiannis 2018er Diaporos Single Vineyard (92% Xinomavro, 8% Syrah). Die PGI Imathia-Bezeichnung mag überraschen, da der Weinberg in Naoussa liegt. Jedoch disqualifiziert diese winzige Syrah-Beigabe ihn vom PDO-Status – und was für eine wunderbare Entscheidung das war! Trotz 18 Monaten im Eichenfass ist dies alles andere als ein rustikaler Wein. Er bietet eine Explosion köstlicher Tomatenaromen, die zu einer einladenden Textur und einem spannenden, anhaltenden Finale führen. Eine dezente Rauchnote fügt Komplexität hinzu, während die beeindruckenden 15% Alkohol perfekt integriert sind. Dieser wahre Ausnahmefall übertrifft mühelos viele berühmte PDO-Weine aus derselben Region. 94 Punkte.
Bei einem Verschnitt mit 65% Xinomavro paart der 2019er Red Rhapsody von Kotoulas seinen Xinomavro mit 35% Syrah. Nach 12 Monaten in 250-Liter-französischen Eichenfässern zeigt der Wein weniger ausgeprägte Xinomavro-Charakteristika in der Nase. Kräftige Tannine und eine etwas starre Struktur deuten an, dass er mehr Zeit zur vollständigen Integration braucht, wobei der Syrah willkommene Fülle beisteuert. 88 Punkte.
Gleichberechtigte Partner und kreative Kombinationen
Alpha Estates 2017er Axia (PGI Florina) demonstriert, wie eine 50-50-Aufteilung zwischen Xinomavro und Syrah wirklich überzugende Ergebnisse erzielen kann. Dieser unglaublich fruchtige Wein explodiert mit hellen Himbeernoten und zeigt keine Altersanzeichen. Während er sich in den nächsten fünf Jahren wunderschön weiterentwickeln wird, bietet sein aktueller Zustand exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis, mit langem Abgang und lebhaftem Fruchtcharakter. Neulich lag er sogar in einer Verkostung klar vor dem S.M.X. desselben Jahrgangs. Doch dazu später nochmal mehr ... 90 Punkte.
Der 2010er Deka X von Oenogenesis (50% Xinomavro, 50% Merlot) sorgte kürzlich für Kontroversen, als Weinkritiker Simos Georgopoulos einen späteren Jahrgang (2011) harsch kritisierte. Dieser Wein jedoch, 24 Monate in Eiche gereift, erweist sich als herausragend. Während er ein klar oxidatives Profil zeigt, tut er dies mit großer Finesse. Die Nase bietet klare Rosinennoten, während der Gaumen ein schönes Wechselspiel von Süße und Säure präsentiert. Feste Tannine lassen Raum für kräutige und aromatische Komplexität, die an Economous Weine erinnert – das größtmögliche Lob für einen Wein dieser Art. 93 Punkte.
Kreative Minderheitsverschnitte
Ktima Kelesidis 2017er Arothimies (PGI Imathia) präsentiert eine ungewöhnliche Kombination: 60% Xinomavro mit gleichen Anteilen Merlot und Syrah (je 20%). Noch ungewöhnlicher ist sein halbtrockener Stil (17g/l Restsüße) trotz 14% Alkohol. An Nama (süßen Messwein) erinnernd, mit prominenten Veilchenaromen, ist es ein markanter Stil, der zwar nicht jedermanns Sache ist, aber meisterhaft ausgeführt wurde. 88 Punkte.
Alpha Estates 2017er S.M.X. (PGI Florina) reduziert Xinomavro auf 20%, dominiert von Syrah (60%) und ergänzt durch Merlot (20%). Kürzlich hatten wir S.M.X. und Axia dieses Jahres parallel im Glas und Ersterer zeigte sich erstaunlich verschlossen. Doch in diesem Rückkampf zeigte der Premium-Wein wieder seine wahren Stärken mit beeindruckender Konzentration und Kraft. Reiche Brombeer- und Vanillearomen führen zu geschmeidigeren Tanninen als in seiner Jugend. Jetzt trinken oder für ein weiteres Jahrzehnt einlagern. 92 Punkte.
Last but not least ...
Wir schließen mit Oenops' 2020er APLA. Er kommt nur dshalb zuletzt, weil er nicht gut in die vorherige Sequenz passt. Hier trifft Xinomavro wieder in größerem Anteil (50%) auf Limniona (30%) und Mavroudi (20%). Der Name ("einfach") täuscht – dieser Wein bietet überraschende Komplexität. Lebhafte Erdbeer- und Kirschnoten der Limniona scheinen durch, während Mavroudi perfekte Tiefe hinzufügt. Trotz seines Premium-Preises für einen "Einstiegswein" (um die10€ in Deutschland) bietet er exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis. 91 Punkte.
Xinomavros andere Farben: Von Rosé bis Blanc de Noir
Unsere umfangreiche Xinomavro-Erkundung schließt mit seinen nicht-roten Ausdrucksformen. Während wir die PDO Amyndeo Rosés bereits oben behandelt haben, gibt es eine faszinierende Welt von nicht-PDO Rosés zu entdecken. (Und dann noch eine echte Überraschung zum Schluss.) Zu den Rosés ...
Sortenreine Rosés
An der Spitze unserer Erkundung steht der 2020er Xinomavro Rosé von Ktima Gerovassiliou (PGI Thessaloniki). Frische Aromen von grünem Apfel und Erdbeere führen zu einem Gaumen mit messerscharfer Säure und beeindruckendem Grip. Selbst mit Schraubverschluss und vier Jahren Alter behält er bemerkenswerte Frische. Während er lebhafter ist als Alpha Estates Hedgehog desselben Jahrgangs, erreicht er nicht ganz die Eleganz von Kir-Yiannis L'Esprit De Lac (vgl. oben zur PDO Amyndeo). Dennoch macht seine vibrierende Energie ihn durchweg genussvoll. 91 Punkte.
Das Weingut Karadimos bietet mit seinem 2021er Heilia Stafylia Xinomavro Rosé (PGI Opountias Lokridas) einen Wein an, der bemerkenswert für seine dunkle Farbe und einen Hauch von Limette in der Nase ist. Der Gaumen präsentiert ein ansprechendes Gleichgewicht von Süße, Tanninen und Säure, das ein verspieltes, an (gute) Bonbons erinnerndes Erlebnis schafft. 88 Punkte.
Das Weingut Aidarini steuert zwei verschiedene Interpretationen bei. Ihr 2018er SI-LA-VIE Gris de Noir (PGI Slopes of Paiko) fasziniert mit intensiven getrockneten Tomatenaromen und dominanter Säure. Partieller französischer Eichenausbau fügt Spannung hinzu, auch wenn es an aromatischer Komplexität fehlen könnte. Der lange Abgang beeindruckt. 90 Punkte. Da ist noch mehr drin - nicht bei diesem Jahrgang, aber mit disem Konzept!
Der 2021er Standard-Rosé desselben Weinguts bietet eine andere Expression, mit kräftigen reifen Erdbeernoten in Nase und Gaumen. Trotz seiner tiefen Farbe fehlt etwas Extrakt zur Unterstützung seiner Struktur. Der Wein bleibt aber zugänglich und überzeugt insgesamt. 88 Punkte.
Innovative Verschnitte
Im Bereich der Verschnitte kombiniert Patistis Xinomavro mit nur einem Hauch Moschato in ihrem 2021er Rosé. Das Ergebnis zeigt subtile Aromen mit Anklängen von getrockneten Rosenblättern vom Moschato, während Erdbeernoten den Gaumen dominieren. Eine kreidige Textur fügt Interesse hinzu, auch wenn der Wein leichte Unausgewogenheit zeigt. 87 Punkte.
Diofilis 2021er Verschnitt (PGI Siatista) paart Xinomavro (70%) mit Moschomavro (30%), was zu fast überwältigenden Blütenaromen führt. Ein anhaltender metallischer Abgang könnte die Meinungen spalten, aber er bietet ein einzigartiges Erlebnis für abenteuerlustige Weinliebhaber. 86 Punkte.
Es folgen komplexere Verschnitte. TsillisTerres' 2021er IÓ Rosé (PGI Thessalia) kombiniert Xinomavro sowohl mit Syrah als auch mit Limniona. Dieser frische, jugendliche Wein schafft es, die lebhaften Aromen jeder Rebsorte zur Geltung zu bringen. Allerdings sollte man hier, wie der Drehverschluss schon andeutet, nicht ganz so lange mit dem Öffnen warten, wie wir das taten. 88 Punkte.
Ähnlich verschneidet Oenops' 2021er APLA Rosé Xinomavro mit Limniona und Mavroudi und schafft einen mundwässernden frischen Wein mit genau der richtigen Menge Süße, die einen immer wieder nachschenken lässt. Auch wenn er nicht die Komplexität ihres roten APLA erreicht, ist dies ein im besten Sinne des Wortes leckerer Wein. 89 Punkte.
Ein großes Finale
Wir beschließen unsere Xinomavro-Reise mit einem wahrhaft besonderen Wein: Patistis' Blanc de Noir NV, der Xinomavro (96%) mit einem Hauch Assyrtiko (4%) verschneidet.
Dieses brillante Konzept vereint Hefe- und Grünapfelaromen mit einem Gaumen, wo Tannine, Säure und ein subtiler CO2-Touch ein spannendes Gleichgewicht schaffen. Die unerwartete leichte Perlage funktioniert wunderbar in diesem Wein, der selbst die größten Skeptiker von Naturweinen überzeugen kann. Ein perfektes Finale unserer Erkundung, das Xinomavros bemerkenswerte Vielseitigkeit demonstriert. 93 Punkte.
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