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Griechische Weine

Agiorgitiko – von der Heimat in die Ferne

Agiorgitiko lässt uns nicht los. Erst neulich hatten wir Weine aus verschiedenen Ecken Griechenlands besprochen. (Den Beitrag gibt es hier.) Bald kommt noch ein Post zu den immer wichtiger werdenden Cuvées mit dieser Rebsorte. Jetzt aber soll es doch nochmal kurz zurück zum reinsortigen Ausbau gehen. Warum? Wir wollten einfach nochmal ganz konzentriert einen richtig klassischen Nemea – aus der namengebenden PDO Nemea – und einen weit gereisten Ableger vergleichen und haben uns dafür neulich ausgiebig Zeit genommen, mit zwei repräsentativen Flaschen. (Und zum Abschluss gibt es dann noch einen kleinen Seitenblick auf eine innovative Roséwein-Cuvée...)



Und was könnte klassischer sein als ein Nemea von einem Weingut mit dem Namen „Nemea Winery“? Das Gut beschäftigt immerhin ganzjährig 35 Personen, ist meines Wissens aber in Deutschland noch bei keinem Händler vertreten. Wenn es um Nemea geht, ist die Auswahl halt groß… dafür aber auch gut! Immer seltener greift man hier daneben. Auch hier – mit dem Nemea aus dem Jahr 2019, aus der „signature collection“ des Gutes – bekommt man einen Wein ins Glas, der einem sofort grundsympathisch ist. Eine wunderbar lebhafte, vibrierende Fruchtaromatik, die einen sämtliche internationalen Rebsorten sofort vergessen lässt. Es dominiert vor allem am Gaumen Himbeere, aber in Kombination mit dem sehr guten Spiel (2,5g/l Gesamtsäure, 5,75g/l Restzucker) muss man auch an Johannisbeere und vor allem Cranberry denken. Das Tannin ist noch ein klein wenig fordernd, aber nicht störend. Überhaupt zeigt sich mal wieder: Mit Nemea lässt sich auf wirklich hohem Niveau zechen. Auch bei Sangiovese wird man mit Kirsche verwöhnt. Aber nach ein paar Schlucken würde man dann doch gerne den nächsten Korken, einer ganz anderen Flasche, ziehen. Das ist hier nicht der Fall. Natürlich – Agiorgitiko kommt normalerweise nicht mit unendlichen Komplexitätsebenen und Aromaverschachtelungen. Aber er ist animierend und gefällig genug, um eine ganze Mahlzeit hindurch, bis zum trockenen Flaschenboten, zu begleiten. Daher: Zehn mal lieber Agiorgitiko als Sangiovese! Und damit zurück zu diesem Wein: Für unter 10€ signalisieren die auf jeden Fall verdienten hervorragenden 16,5 Punkte ein ganz großartiges Preis-Leistungs-Verhältnis. (Zu unserem Bewertungssystem gibt es hier mehr Informationen.)


Fährt man mit dem Auto 750km in den Norden, kommt man zur Domaine Costa Lazaridi. Dort produziert Costas Lazaridis die seiner Frau gewidmete Serie Château Julia, von der wir bereits den Assyrtiko und den Merlot verkostet haben. Jetzt also der Agiorgitiko, Jahrgang 2020. Auch hier schlägt einem gleich eine Wagenladung Duftaromen entgegen. Allerdings bewegen wir uns jetzt in dunkleren Gefilden, im Bereich von Heidelbeeren und Schwarzkirschen. Die Tannine sind samtig weich, die Säure gut ausbalanciert, das Holz dezent, vor allem im Abgang mit Gewürzaromen präsent. Ein hervorragender Wein, dem wir 17 Punkte geben und der zeigt, dass Agiorgitiko auch in der PGI Drama ganz hervorragend gedeiht.


Da wir neulich erst über Moschofilero als Grundlage für Roséweine geschrieben haben (hier nachzulesen), war es nur angebracht, dass wir dieses Mal auch den Roséwein aus der „signature collection“ der Nemea Winery mit geöffnet haben. Im Jahrgang 2021 sind da nämlich Moschofilero (die Rebsorte der PDO Mantineia, die als solche vom Weingut auch angeboten wird) und Agiorgitiko vereint. Wir sind noch etwas unschlüssig, was diese Vermählung angeht. Die floralen Aroma des Verschnittpartners mit den fruchtigen Noten vom Agiorgitiko am Gaumen sind durchaus interessant. Allerdings fügen sich die verschiedenen Sinneseindrücke für uns noch nicht so harmonisch zusammen. Was allerdings nicht heißt, dass man diesen Wein nicht gut trinken kann. Im Gegenteil: Weil sich kein so klares Profil herauskristallisiert, bleibt er im Mund erstmal recht flach und lädt zum nächsten Schluck ein. Die 13% Alkohol bemerkt man dabei gar nicht. Man könnte die Flasche durchaus wie Saft leeren. Nur das kreidige Tannin hält einen dann doch zurück und lädt ein wenig zum Verweilen mit dem letzten Schluck ein. Wir geben etwas zurückhaltend sehr gute 16 Punkte, müssen aber vielleicht auch erstmal auf den Geschmack kommen. Experimentierfreudige und Freunde der PGI Peloponnes sollten hier auf jeden Fall zugreifen, Mantineia und Nemea so Hand in Hand, das muss man ja eigentlich mögen.


P.s.: Beim Nachverkosten der Rotweine – zur Niederschrift dieses Blogbeitrags, drei Tage nach dem Öffnen der Flaschen – fiel mir dieses mal etwas auf, das ich meine, schon öfters beobachtet zu haben: Agiorgitiko verliert seinen Charme doch relativ schnell und hat die Tendenz, dass nach einigen Tagen die konzentrierte Frucht etwas stechend gerät und sich zu einer nahezu schon parfümierten Grundierung verdichtet. Das stört im Normalfall nicht, weil die Weine so lecker sind, dass sie früher geleert werden. Aber es ist ein Phänomen, auf welches wir in Zukunft auf jeden Fall noch häufiger achten werden…

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